Mit einem kleinen überdachten Ausflugsboot tuckerten wir durch endlose Schilfgürtel auf den See hinaus. Das Wetter war gegen 8 Uhr morgens ziemlich stürmisch. Da herrscht dann schnell mal Weltuntergangsstimmung. Pechschwarz wird es um einen herum. Dann plötzlich rauschten weiße Hagelschauer nieder und es wurde bitter kalt. Der Wind peitschte die Gischt hoch und das Boot trieb schaukelnd über das Wasser. Eine halbe Stunde später war der Spuk vorbei und wir legten in Uros an, einem auf Schilfmatten schwimmenden Dorf. Hier war alles aus Schilf, Die Hütten, die Zelte, der Boden und die Boote. Die "Ureinwohner" empfingen uns sehr freundlich, erklärten uns den Aufbau ihres schwimmenden Dorfes und rupften ein paar Schilfstängel aus dem Wasser heraus. Die könnte man sogar essen. "Essen? Wirklich?" "Ja", und der Häuptling schälte ein Rohr von unten ab. Tatsächlich, das Mark schmeckte leicht nach Porree. Ich fragte einen Jungen mit malerischer Alpacamütze, ob er nicht mal von der Insel wolle. Nein, warum? Ach ja, hier leben sie schon seit mehr als 2000 Jahren und fühlen sich geschützt, weil die kriegerischen Stämme der Umgebung es nicht wagten, den schwankenden Boden zu betreten.
Weiter gings zur Insel Amantani. Der Himmel klarte auf. Die See wurde richtig schön blau und der Wind verjagte die Wolken. Unser kleiner Ausflugsdampfer schaukelte durch die Dünung und wir genossen vom Oberdeck aus die herrliche Fernsicht bis nach Bolivien. In Amantani wurden wir einzelnen Familien zugeteilt, von denen wir Unterkunft und Essen bekamen. Straßen gab es nicht. Maria, die junge Mutter mit dem eingewickelten Kind auf dem Rücken, führte uns wie eine Gemse den steilen Hang hinauf. Hier herrschte eine geradezu überirdische Ruhe und Einsamkeit. Nur ab und zu blökte ein Schaf. Nachmittags sammelte sich die Gruppe auf der Plaza der Insel und stieg auf einem Steinweg zu den Ruinen der alten Heiligtümer auf der höchste Erhebung der Insel. Auch heute noch finden sich hier Schamanen ein und meditieren an diesem erhabenen Ort. Es war schon dunkel als wir wieder hinabstiegen. Doch nun leuchtete uns ein gleißender Vollmond in ungeahnter Helligkeit und die Sterne funkelten wie flackerndes Licht. So klar und deutlich habe ich das helle Himmelsband der Milchstrasse noch nie gesehen, nicht einmal in Griechenland.
Den nächsten Tag tuckerten wir zur Insel Taquile. Strahlendste UV Höhensonne, herrlichste Sicht. Auf der Insel gab es einen guten Steinweg und wir pilgerten eine Stunde am grünen Hang entlang nach oben zur Plaza der Insel immer den azurblauen Lago im Blick. Mittags Einkehr in eines dieser schlichten aber wunderschön gelegenen Restaurants. Unter Planen, die uns vor der Sonne schützten, gab es gute Gemüsesuppe und im Hauptgang eine dicke Forelle mit Reis und Papas Fritas (Pommes). Ausgelassene Stimmung. Es konnte nicht besser sein. Auf einmal der Guide: "Hört mal, wir müssen zum Boot, zurück nach Puno. Also allgemeiner Aufbruch. Leider musste ich noch ein Baño aufsuchen. Ich zog die Tür mit kräftigem Ruck dicht. Doch als ich wieder hinaus will, da lässt sich die Tür nicht mehr öffnen. Nun war ich mit einem mal eingesperrt. Schließlich befreite mich der Wirt. Ich war konsterniert, rannte sofort ins Freie und suchte meine Gruppe. Doch ich fand sie nicht, weder auf der Plaza noch in den Gassen. Also machte ich mich auf den Weg zurück zur Anlegestelle des Bootes. Fast hatte ich es geschafft, da fragte mich ein Einheimischer, was ich hier wollte. Zurück zu meinem Boot, das gleich nach Puno ablegt. Nach Puno, das ist auf der anderen Seite der Insel. Ich war total geschockt. Meine große Kamera, mein Schlafsack, mein Rucksack, alles auf dem Boot. In 4000 Meter Höhe joggte ich wieder zur Plaza hinauf. Von dort ging es nochmals bergauf. Und als ich dann atemlos auf der Höhe stand, sah ich wie sich in der Tiefe ein Boot aus dem Hafenbecken löste und auf die See hinaus fuhr. In der Hoffnung das Boot zurückwinken zu können sprang ich geradezu den Berg hinunter. Kurz bevor ich den Hafen erreichte, sah ich unseren guten Guide mutterseelenallein am Wegrand warten. Ja, er hätte auf mich gewartet. Ich haette ihn umarmen können. Jedoch das Boot sei vor 10 Minuten ausgelaufen. Ich erzählte mein Missgeschick. Mach dir keine Sorgen, dein Gepäck ist sicher. 2 reiche Mexikanerinnen seien mit ihrem Privatboot unterwegs und wir können mit ihnen nach Puno fahren. Eine Viertelstunde später startete das flotte Motorboot. Außer den beiden Mexikanerinnen, dem Käptn mit Frau und uns beiden war keiner auf dem ziemlich großen Schiff.
Kaum hatten wir Fahrt aufgenommen, da baten mich die Mexikanerinnen auf das Oberdeck und interessierten sich brennend für die näheren Umstände meiner Verspätung. Ich musste alles erzählen und schließlich auch von meiner Reise mit dem Fahrrad durch Peru. Ich glaube kurzweiliger hätte diese Rückreise nach Puno gar nicht mehr sein können.