Von Cusco über den Altiplano nach Puno
Die knapp 450 km langen Strecke von Cusco bis nach Puno über einen 4340 Meter hohen Pass und dann über eine knapp 3800 Meter hohe Ebene war nicht so harmlos wie ich anfangs angenommen hatte. Noch hinter Cusco radelte ich bestens aufgelegt und in guter Form über Berge und Täler. Musste ich auf dem Hinweg nach Cusco noch durch wahre Sintfluten von Regen, so brannte jetzt die Sonne auf die Hänge und in die Täler, ohne sie allerdings richtig wärmen zu können. Die Luft blieb kalt wie Schnee und der Wind biss ins Gesicht. Nach so einem Tag fühlt man das Gesicht glühen und sehnt sich nach einem warmen Bett. Doch dann kommt die bittere Wirklichkeit. Schlafen im Stall gemeinsam im "Kollektivo". Unter Vieren sind immer zwei tolle Schnarcher. Also mal wieder kein Auge zugemacht die ganze Nacht und dem Trommeln des Regens auf das Wellblechdach gelauscht. Na ich konnte froh sein, nicht im Zelt übernachtet zu haben. Ruckzuck war die Nacht vorbei und vier Uhr morgens ging das Rumoren los. Also ich auch auf. Dann im Dunklen durch die Berge geradelt. Die Kälte, es war kurz unter Null Grad setzte mir zu. "Radele dich warm, die Sonne wird schon kommen!" sprach ich mir gut zu. Sie kam, so sibirisch blassrot über die Bergkämme, dass einem der Frost den Rücken hinunter fuhr. Da, als ich gerade in voller Fahrt bergab sause, plötzlich ein Zischen und die Luft entweicht dem vorderen Reifen. Das darf doch nicht wahr sein. Ich machte mich sofort an die Arbeit, meinen Ersatzschlauch aufzuziehen. Alles schmerzte vor Kälte. Da kam in dieser gottverlassenen Gegend ein Mann zu Fuß aus dem Nichts und erkundigte sich, was ich hier machte. Ich erklärte mein Malheur. Er sei von der Security, sagte er, zeigte seinen Ausweis und ließ sich meine Papiere zeigen. Ich war sprachlos und reichte meinen Pass. Dann förmliche Kontrolle als könne ich durch die Prüfung sausen. Ich arbeitete weiter, musste aber erklären, was ich alles in Peru gemacht hatte. Nun hielt mich der Security-Mann durch seine dauernden Fragen von der Arbeit ab. Nach einiger Zeit verabschiedeten wir uns ziemlich frostig und ich rollte schnellstens den Berg hinunter. Dass ich nicht gesehen habe wo der Typ herkam, wunderte mich. Er sah aus wie ein Schaefer.

Müde, durchgefroren und hungrig suchte ich eine dieser kleinen Hütten auf, die ein Frühstück anboten. Was gab es, für einen der bereit war alles zu essen, der aber auf nichts Appetit hatte? Gebratene Forelle mit Reis. Ich sagte sofort zu und nahm Platz. Neben mir am Tisch saßen ein alter und ein junger Mann. Sie hatten eine 1,5 Liter Flasche kaltes Bier bestellt und nun ließ der junge Mann für mich ein Glas kommen und lud mich zum Trinken ein. Ich fror wie Espenlaub, konnte aber die gut gemeinte Runde beim besten Willen nicht ablehnen. Also trank ich das kalte Bier und wir prosteten uns zu, bis ich hustete. Dann kamen meine dampfenden Forellen, goldgelb gebraten von der Grösse zweier Sardinen. Es war zum Heulen. Ich aß die beiden Fischlein samt Haut und Haaren, stand auf und wollte sofort weiterfahren. Da siehe, das Vorderrad hatte wieder einen Platten. Nun hatte ich keinen einsatzfähigen Schlauch mehr. Ich schob mein Rad einige Schritte weiter, wo ein kleiner Krauter einen Tisch aufgebaut hatte. Ob ich den benutzen könne, fragte ich ihn und bat außerden um Wasser, um das Loch im Schlauch entdecken und flicken zu können. Die Leute waren lieb und halfen. Aber nun kam das ganze Dorf zusammen und jeder wollte den Schaden begutachten. In Ketchuan und in einem mir unverständlichen Dialekt redeten alle durcheinander, bis jemand auf die Idee kam, ich solle alles stehen und liegen lassen und nach Sicuani fahren und dort einen Schlauch kaufen. "Da der Bus, nimm ihn, schnell." Schrien einige. Ich war verzweifelt, beide Schläuche waren am Ventilhals kaputt und ließen sich nicht flicken. Und das Kaufen nützte gar nichts, weil die neuen Ventile nicht in die Öffnung der Felge passten. Ich setzte einen Notflicken um das Ventil. Als die Luft nicht mehr entwich, da zollte die Dorfbevölkerung dem deutschen Ingenero Hochachtung. Dann schob ich das Rad bis zum nächsten Dorf. Dort half mir ein findiger Mechaniker weiter und baute einen neuen Schlauch ein. Ich blieb in dem Dorf, quartierte mich in einer Herberge ein und schlief von 2 Uhr Mittag bis zum nächsten Morgen. Ich hatte mich erkältet. Das merkte ich am nächsten Tag, als ich mich 30 km nach Sicuani schleppte. Dort schlief ich nochmals 2 Tage fast ununterbrochen ohne groß etwas zu essen, aber doch zu trinken. Ich versuchte noch eine passende Luftpumpe aufzutreiben. Aber das misslang. Am nächsten Morgen in aller Frühe, zog ich mich sehr warm an, band einen Schal vor das Gesicht und machte mich auf den Weg zum Raya Pass, einem der höchsten Pässe in den Anden. Ich genoss das saftige Grün der wunderschönen Andentäler. Oben in Aguas Caliente, hätte ich am liebsten ein Bad in den warmen Quellen genommen, aber man soll ja nicht leichtsinnig werden. Mit dem Schal um das Gesicht und weiterhin warm vermummt fuhr ich die nächsten Tage über den Altiplano bei herrlichstem Sonnenschein und eiskaltem Gegenwind. Erst in Juliaca wurde es wärmer. Die letzten 45 km nach Puno sollten eigentlich das reinste Vergnügen werden. Aber 30 km musste ich auf der schnurgeraden Straße gegen den Wind anknüppeln, die Berge immer zum Greifen nah vor mir und dennoch kamen sie nicht näher. Als ich aber die Bergbarriere erklommen hatte und auf den blauen Lago Titicaca sah, war ich glücklich, endlich nach knapp 450 km endlich in Puno angekommen zu sein. Das waren die schönsten Tage in den Anden und ich bin überzeugt, sie werden mir in ewiger Erinnerung bleiben.

Landschaft auf dem Weg nach Puno
Immer wieder gab es kleine Straßenlokale
Das Städtchen Urcos
Der Rio Vilcanota, der später Rio Urubamba heißt.
In dieser Herberge habe ich die ganze Nacht kein Auge zugetan.
Noch bei Dunkelheit aufgestanden und Richtung Sicuani weitergefahren.
Sicuani, eine Stadt, die hauptsächlich von Indigenos bevölkert ist.
Buntes Treiben in Sicuani am Rio Vilcanota
Meerschweinchen, in den Anden eine wahre Delikatesse
Badevergnügen in den heißen Quellen von Aguas Caliente in 4000 Meter Höhe
Dick vermummt auf dem Raya Pass
Interessierte "Kollegen" , die mein Rad begutachteten
Am Nachmittag die übliche Schlechtwetterfront und Regen
PeruRail auf dem Altiplano
Die Straße flimmerte in der Hitze des Tages
Aufmerksamer Beobachter
Friedhof bei Pucará
Pucará in der Abendsonne
Ein Fluß bei Juliaca, der sich hervorragend zum Wäschewaschen eignete.
Juliaca, die Kathedrale und mein Hotel
"Schöne" Aussicht vom Hotelzimmer
Auf dem Altiplano
Rapsanbau auf dem Altiplano
30 km eben und schnurgeradeaus, da rückten die Berge einfach nicht näher.
Willkommen im gesegneten Land der Qochamachu
Bergbarriere kurz vor Puno. In der Ferne schimmert schon der Lago Titicaca
Mein erster Blick auf Puno. Rechts an der Silhuette der Berge die Statue des hockenden Puma, Symbolfigur der Inca.
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Überall freundliche Menschen, die mir zuwinkten oder mich sprechen wollten.
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